HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

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Südostasiatische Notizen

Noch in der letzten Januarwoche geisterte eine Nachricht durch die deutschsprachigen Medien Thailands über TV-Probeaufnahmen einer bekannten Frauen-Popmusikgruppe. Es geht um die BNK48 Girlband, deren 19-jährige Leadsängerin Pichayaya ‚Namsai’ Natha dabei ein T-Shirt mit einer nationalsozialistischen Flagge mit Hakenkreuz getragen hat.

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„Wir alle sind sprachlos’ schrieb Jedmangda Aochermathamphan, eine Administratorin der ‚Sexy BNK48-Website. Die Sexy BNK 48-Website berichtet kritisch über die Band, normalerweise über Rassismus unter ihren Fans.“ (,der farang’ vom 26.1.2019).
Die Popgruppe ist ein Ableger (thailändische Franchise) einer japanischen Gruppe namens AKB 48. Auch diese Gruppe war in Japan bereits in ‚Nazi-Chic’-Skandale verwickelt (2016 mussten sie sich für Auftritte in nazi-deutschen Militäruniformen bei ihrer Verlegerfirma Sony entschuldigen).
In den Jahren zwischen 2011 bis 2016 kam es in Thailand immer wieder bei verschiedenen Anlässen hauptsächlich unter Beteiligung junger Leute zu solchen unsäglichen Kostümierungen in Nazi- und alten deutschen Militäruniformen.
Bereits vor über fünf Jahren bin ich schon einmal auf dieses unreflektierte Vermarkten und Verwenden solcher Symbole zu sprechen gekommen (siehe SOAN 8 vom Dezember 2014).
Auch in meinem Unterricht vor gut eineinhalb Jahren in Deutschland war mir das Unwissen der Schüler – gerade derer mit Migrationshintergrund – über die Gräuel während der Nazi-Diktatur aufgefallen (siehe SOAN 32 vom Oktober 2018). Viele, gerade die aus dem arabischen Raum, aber auch aus Osteuropa, scheinen eine besondere Anfälligkeit für Antisemitismus an den Tag zu legen.
Dementsprechend ist der Tenor in den meisten Leserbriefen des ‚Wochenblitz’: verharmlosend wurde nach diesem Zwischenfall über die ‚uralte Symbolik’ der Swastika schwadroniert und der historische Kontext völlig ausgeblendet.

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Ausschnitt aus obigem Bild: Namsais T-Shirt mit Aufdruck der Reichskriegsflagge Hitlerdeutschlands (mit darauf befestigtem Namensschild 'Namsai' in Thai)

Exemplarisch für die Vielzahl undiffenzierter Leserbriefe stehen Äußerungen wie: „...dass das Volk, das dies erleiden musste (gemeint ist die 6-millionenfache Ermordung jüdischer Mitbürger in ganz Europa durch die Schergen der Nazi-Führung d.V.), heute das gleiche (Gleiche d.V.) macht und die ganze Welt wieder weg sieht.“
Wie auch in zahlreichen ähnlichen Kommentaren wird kein Unterschied zwischen der israelische Bevölkerung, ihrer Regierung und den Anhängern der jüdischen Religion gemacht, sondern es wird wieder von ‚dem Volk’ gesprochen und das Existenzrecht eines israelischen Staates in Frage gestellt. Staat, Regierung und Volk(?) werden als Einheit verstanden. Es gibt aber nicht nur B. Netanjahu und rechte nationalreligiöse Siedlerparteien sondern auch eine Opposition mit anderen Zielen und Positionen. Das Parlament und die Regierung in Israel kamen auf demokratischem Weg zustande. Teile der Opposition verurteilen die Verfolgung und Ermordung von Palästinensern. Es wäre ja ähnlich, wenn man den gegenwärtigen Präsidenten des mächtigen Landes jenseits des Atlantiks mit ‚seinem Volk’ gleichsetzen würde?! Unglücklicherweise wurde dieses hellhaarige Wesen von Wahlmännern (seltsames demokratisches Wahlsystem) der einzelnen Bundesstaaten des Landes gewählt. Niemand spricht ihm seine gegenwärtige Berechtigung ab.
Zurück zu dem Vorfall Ende Januar: einen Tag nach diesem Auftritt hat sich die Sängerin Namsai am Samstagabend (26.1.) „... unter Tränen ... während des Konzerts ... vor ihren Fans in der voll besetzten Arena Muang Thong Thani ...“ entschuldigt. „,Es ist mein Fehler und meine Unwissenheit’, sagte sie. Dann brach sie auf der Bühne zusammen und musste von den anderen Frauen getröstet werden.“ (‚der farang’ v. 28.1.2019)

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