HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

HolzpfeillinksHolzpfeilrechts
Südostasiatische Notizen

Eine weitere Skizze zeigt ebenfalls einen beobachteten Ausschnitt der Natur, in der aber zum Unterschied zu obiger Studie ‚der Mensch’ augenscheinlich ‚keine Hand angelegt’ hat.
Mich begeisterte an diesem Ausschnitt die zum ersten Male bei Nois Arbeiten gezeigte Flüchtigkeit des Augenblicks, die sich in der grafischen Textur der Binsen, den wehenden Halmen und den flüchtig skizzierten Seerosen bemerkbar macht.

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Der suchende Strich der Textur des Wassers, des ‚Grünzeugs’ an den seichten Ufern und der Sträucher lässt eine Bewegung von rechts nach links entstehen. Diese flüchtige Art der Skizze verleiht dem Blatt eine Dynamik, die durch den charakteristisch sparsamen grafischen Einsatz der Mittel das Typische verschiedener Pflanzen dieser Landschaftsskizze beschreibt. Eine für mich überraschende Arbeit Nois, zeigt sie doch eine Seite seines Schaffens, die ich bisher bei ihm noch nicht entdeckt hatte.

Neben weiteren Skizzen in seinen Skizzenbüchern zeigte mir Noi auch Fotos des in Thailand berühmten hun krabok-Puppenkünstlers Chakrabhand Prosayakrit. Er ist einer der national verehrten und auch international gefeierten Darsteller thailändischer Identität und Vermittler thailändischer Geschichte. Noi war sehr glücklich und stolz, mir diese Bilder zeigen zu können, bilden sie doch auch eine Brücke zu seiner immer noch nicht vollendeten gegenwärtigen Arbeit.

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Die Kleidung und Ausstattung der hun krabok-Puppen folgen der Kostümierung in der klassischen thailändischen Tanzkultur. Leider haben Nois Englischkenntnisse und erst recht mein sehr mageres Thai nicht ausgereicht, um die Rollen der einzelnen Figuren im Schauspiel, welche man an ihren Ornaten ablesen kann, zu verstehen. Ich muss also doch noch einen Thai finden, der des Deutschen oder zumindest des Englischen gut mächtig ist! Es wäre dann auch der Schlüssel zu Nois Aussage über die Rollen der Politiker, die seines Erachtens jeder Einzelne der neunzehn Abgebildeten spielt.
Noi zeigte mir noch ein weiteres älteres Foto eines seiner früheren Bilder. Es ist eine Hommage an den bereits erwähnten Chakrabhand Prosayakit, der hier umgeben von seinen zum Teil historischen Puppen und einigen neuen Puppenkreationen dargestellt ist. Für Noi ist dieser hun krabok-Puppenkünstler ein hoch zu verehrender Künstler Thailands, steht er doch in der großen Tradition des thailändischen Puppentheaters, das sich in mannigfaltiger Weise auf die Historie des Landes bezieht (nach Rei’s Aussage aus dem Süden des Landes stammend?!) und für die hiesige Theatertradition steht.

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Beim Durchsehen der Bilder der SOAN des vorherigen Monats ist mir noch ein bedeutsames Detail aufgefallen. Das vierte Bild zeigt in der linken oberen Ecke ein sich anschmiegendes Paar im Profilportrait, mit genüsslich geschlossenen Augen, in das Blätter-Arrangement eingefügt. Der Hintergrund hinter den beiden Portraits war teilweise Schwarz abgesetzt. Haare und Teile der Gesichter gehen in das Gräser- und Blattwerk der übrigen Komposition über.

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So wird das Profilportrait-Paar Bestandteil der Natur, was Nois inhaltlichem Ansatz zu entsprechen scheint, den ich auch in einer seiner früheren größeren Arbeiten erkannte, die in einem Katalog, zusammen mit Arbeiten anderer thailändischer Künstler, abgebildet sind. In diesem Bild liegen Körper von Menschen im Begriff ‚des Vergehens’, aus denen sich junge Pflanzen entwickeln. Diese Menschen-Pflanzen-Kompositionen zeigen für mich das ‚Werden und Vergehen’ und thematisieren einen wesentlichen Kern des buddhistischen Glaubens an die Reinkarnation. Der ewige Kreislauf in der Natur wird hier sehr anschaulich dem Betrachter nahe gebracht. Die Menschen scheinen nicht zu leiden, sondern sie sind dargestellt als Teil eines natürlichen Prozesses des Werdens und Vergehens, quasi eine Parabel über das Leben. Das höchste Ziel ist letztlich gemäß dem Vorbild Buddhas die Erleuchtung und die Auflösung in das schmerzfreie Nichts.
Auch in seinem Bild ‚Political puppets - and blind buffalos’ scheint sich der Künstler – möglicherweise auch der Betrachter – vor dem Geschehen zu befinden, von ‚außerhalb’ betrachtend! Auch Noi scheint keinen Favoriten im Reigen der regierenden Politiker zu haben. In dem im Ausland lebenden Thaksin sieht er jedenfalls keine Alternative – so zumindest meine Interpretation!

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