HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

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Südostasiatische Notizen

Die Militärjunta hatte sich immer insbesondere mit dem Machtmissbrauch von Politikern gerechtfertigt. Ähnlich der Mafia würden Sympathisanten dieser Politiker zu Erfüllungsgehilfen dieser ‚Volksvertreter’. Thanathorn führt in dem ,TIP’-Interview weiter aus:
„350 unserer Kandidaten für das Abgeordnetenhaus sind neu, niemand von ihnen ist Teil des jetzigen Vetternwirtschaftsystems. Wir können uns auf jetzige Politiker nicht verlassen. Wir brauchen eine neue Kraft, die außerhalb dieses Kreises steht.“ (ebenda)

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(Bildzitat aus: ,TIP’-Zeitung für Thailand/ April 2019/ Seite 4)

Darüber hinaus will diese junge Partei ein Allgemeines Sozialversicherungssystem mit Renten für Senioren einführen, ebenso wie einen ausgeweiteten Zugang zum Gesundheitssystem für alle Bürger. Weiterhin setzt sie sich für kostenlose Bildung ein und es wird angestrebt, dass der Verdienst jeder Familie über der von der UNO festgelegten Armutsgrenze liegen soll.
Bei der Frage nach einer Finanzierung dieser gesellschaftlich gerechteren Umverteilung gibt Thanathorn die bereits oben erwähnten Kürzungen des Militärhaushalts sowie die höhere Besteuerung der Reichen im Lande an. Eine Auseinandersetzung, die so zur Zeit auch in vielen Industrieländern geführt wird. Das zeigt auch, wie modern diese junge Partei daherkommt?!
„Wenn man das Militär reformiert, kann man 60 Milliarden Baht (= ca. 1,7 Mrd. €, d.V.) sparen, die wir dann für Bildung und das Wohlergehen junger Leute ausgeben können.
Wir planen, die Steuererleichterungen abzuschaffen, die den Reichen signifikante Vorteile bei den Einkommens- und Körperschaftssteuern geben. Indem wir diese Steuerprivilegien streichen, können wir 200 Milliarden Baht
(= ca. 5,7 Mrd. €, d.V.) mehr an Steuern einnehmen.“ (ebenda)
Auf die Frage des Interviewers, ob Reiche und Mächtige mehr Steuern zu zahlen haben, muss Thanathorn lachen und verdeutlicht am Beispiel eines Hauses im Wert von 50 Millionen THB (= ca. 1,4 Mio. €, d.V.): „(Darauf) müssten sie 0,03 % Steuern zahlen, das sind ungefähr 15.000 THB (= ca. 430 €, d.V.) pro Jahr.“
„Und die Zahl der Leute, die ein Haus im Wert von 50 Millionen Baht in Thailand besitzen, (ist) ... ich weiß nicht, vielleicht 10.000 Leute? Sogar weniger. Das jetzige Steuersystem bezüglich Grundbesitz und Immobilien funktioniert nicht.“

Das grundlegende Problem sei die Ungleichheit, so Thanathorn:
„Die Lücke zwischen Reich und Arm ist vermutlich die größte der Welt. Credit Suisse hat eine Studie darüber veröffentlicht. Vor einem Jahr war Thailand auf Rang drei, jetzt sind wir die Nummer eins.
Wenn wir das Problem nicht in Angriff nehmen, glaube ich, dass es sehr schwer wird, die Wunden der Vergangenheit zu heilen.
Die Wunden sind tief. Wir glauben, da wurde eine falsche Linie gezogen. Wir glauben, dass Leute, unabhängig der Farben ihrer Hemden, aufeinander zugehen sollten und gemeinsam gegen das Militärregime kämpfen sollten.“
(ebenda)

Auf die Frage, was er gedenkt, nach den Wahlen in die Wege zu leiten, sagt er in dem Interview, dass er und seine Partei das Militär absetzen wolle sowie die im Jahre 2017 von der Junta ausgearbeitete Verfassung verändern.
Diese beiden ‚Schlüsselpositionen’ seien für die FFP Voraussetzung, um zusammen mit anderen Parteien, wie der wirtschaftsliberalen Demokratischen Partei, eine Koalition zu bilden.

Im Vorfeld der Wahlen hat es immer wieder Vorwürfe unterschiedlicher Art von Seiten des Nationalen Rates für Ruhe und Ordnung (NCPO) gegeben. Ich führe sie hier im Einzelnen nicht auf, da es immer wieder kleine ‚Spitzfindigkeiten’ waren, um die junge Partei zu diskreditieren.
Auch einen Monat vor der Wahl versuchte die Wahlkommission, die FFP verbieten zu lassen. Der Vorwurf: Bedrohung der konstitutionellen Monarchie durch mehrere Kommentare. Letztlich erwiesen sich diese Vorwürfe, die auch über die sozialen Medien geführt wurden, als haltlos.
Im Prinzip ist der führende Kopf Thanathorn eine recht schillernde Persönlichkeit. Er stammt eigentlich – als Milliardärserbe – aus der ‚führenden Klasse’ Thailands.

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Der Parteivorsitzende der Future Forward Partei (FFP)
Thanathorn Juangroongruangkit

Der Interviewer der ,TIP’-Zeitung versucht die Widersprüchlichkeit dieses ‚sozialistischen Milliardärs’ herauszukitzeln, indem er ihn nach seinen Beweggründen und seiner Identität befragt. Thanathorn antwortet darauf:
„’Ich hasse große Unternehmen’, sagt er. ‚Aber als mein Vater starb und meine Mutter mich bat, zurück zu kommen und das Familienunternehmen zu führen, konnte ich mich ihrer Bitte nicht entziehen. Aber der Geist, dass man zusammen für ein besseres Leben aller arbeiten kann, der ist immer noch in mir.
Letztes Jahr, als ich merkte, dass dieses Land ein hoffnungsloser Fall ist, dass es keinen Ausweg aus diesem politischen Konflikt gibt, dass es keine Partei gibt, die unsere politischen Träume repräsentiert, da entschloss ich mich, dass ich selbst eine Partei gründen muss. So bin ich.’“
(ebenda)

Entschuldigt meine längeren Ausführungen bezüglich der Aussagen des Fraktionsvorsitzenden der FF-Partei, aber es ist mir ein Bedürfnis, diese erst im letzten Jahr gegründete Partei – auch in ihrer Widersprüchlichkeit - ein wenig zu beleuchten. Es ist hierzulande meines Erachtens unabdingbar, die Sozialgesetzgebung grundlegend zu verändern, zu der auch eine Veränderung der Gewichtung im Haushalt und die Steuergesetze zählen.
Das Stützen auf ganz andere Kräfte als die Etablierten ist auch in anderen Ländern erkennbar. Nur sind es in diesen Ländern stärker nationalistisch und protektionistisch motivierte Kräfte, die versuchen, den bisher herrschenden Kräften das Regieren zu erschweren – mit zum Teil dubiosen Vorstellungen, die sich für mich anhören wie Rückgriffe ins letzte oder vorletzte Jahrhundert.
Hier in Thailand geht es in erster Linie darum, sich politisch zu einigen, auch um das Land – nicht nur politisch – in die internationale Gemeinschaft zurückzuführen.

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