HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

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Südostasiatische Notizen

Ich werde mich in fünf Tagen bereits im Flugzeug über Hanoi nach Frankfurt ‚bewegen’. Ich bin gespannt, wie ich die ‚andere Kultur’ mit dem erlangten Abstand wieder erleben werde!
Vor über sechs Jahren, als ich nach zehn Monaten Thailand nach Deutschland zurückkehrte, habe ich den kulturellen Kontrast als recht groß empfunden. In meinem damaligen ‚Fernöstlichen Tagebuch’ schrieb ich:
„Alles ist organisiert und geregelt. Die Häuser haben dunkle Dächer und helle, meist weiß gestrichene Wände... sind meist etwas kastenartig, nicht unfreundlich aber steril. Wo sind all die anderen Farben der Palette. Wo ist das leuchtende Rot, das kräftige Blau, wo das Gold?!
Und die Menschen? Alle sind so massig, häufig behäbig, zum Teil mit unglaublichem Leibesumfang und von beträchtlicher Größe! Welch ein Kontrast zu den (meist) feingliedrigen, deutlich kleineren Menschen in den Ländern Südostasiens.“
„Einen Tag später die Fahrt mit dem IC durch das Rheintal gen Bonn und Köln... alles bekannte Sehenswürdigkeiten. Dazwischen Häuser... manchmal verwinkelt, aber doch großflächig in der Gliederung der Fassade. Blumenfenster und Betonblumenkübel. Organisierte Vorgärten... spießig kontrastlose Eintönigkeit. Alles scheint organisiert und geordnet. Die Farbgestaltung meist Ton in Ton: ich bin wieder zu Hause!? Der ‚Imbiss’ im ‚Bistrowagen’ ist mickrig und teuer. Das Bier schmeckt, aber es ist überhaupt nicht heiß genug für Bier... Das Wetter am Fenster ist kühl und bedeckt. Nicht nur die Witterung, sondern das gesamte Ambiente ist ‚zurückhaltend’. Warum bist Du so überrascht? Du hattest doch genügend Zeit, dich mental einzustimmen... deine Vorstellungskraft ist doch wohl genügend stark!?“...

Gleichzeitig erinnerte ich mich aber auch an die Widersprüchlichkeiten und für mich als Mitteleuropäer ‚unsinnigen’ Einrichtungen und Maßnahmen, zum Beispiel beim Anblick des durchaus dichteren und selbstverständlich vor sich hinströmenden Verkehrs vor dem Bahnhof meiner Heimatstadt im Norden Deutschlands:
„ ... aber auch an die Verrücktheiten des überflüssigen Einwinkens Trillerpfeifen bestückter Hilfs-Sheriffs auf öffentlichen Parkplätzen... der Parkplatzsuchenden: laut trillernd den Weg weisend. Oder den in Uniform antretenden Schülern zum Fahnenappell auf dem Sportplatz vor den U-förmig angelegten Schulgebäuden.
Ich fühlte mich häufig an das Englische Königreich erinnert, von dem nicht nur der Linksverkehr, sondern auch zweifelhafte Installationstechniken und Ingenieursleistungen übernommen wurden und noch so einige Eigenarten, die mir als Kontinentaleuropäer doch ab und an das innere oder äußere Lächeln ins Gesicht trieben.“

Das schrieb ich vor über sechs Jahren nach meiner Rückkehr im Mai 2009.
Neue Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse kultureller Besonderheiten sind hinzugekommen.

Vor sechs Jahren hatte ich Schwierigkeiten gehabt, mich an die Hemdsärmeligkeit – auch unter Einsatz der Ellenbogen, die mir bei meiner Rückkehr damals widerfuhr, zu gewöhnen. Es dauerte Monate, um den anderen Habitus wieder zu akzeptieren!
Damals, als ich zurück kam, resümierte ich über Thailand:
„Und trotzdem: in der Rückschau ist es ein liebenswertes Land mit all den antiquierten Schrulligkeiten, die aber ernst gemeint sind und es somit den Menschen, die in dem Lande wohnen, unter Umständen schwer macht. Es ist ein lieber, sehnsüchtiger Blick zurück auf eine Zeit die ich nun für längere Dauer gegen die Hektik des westlichen Europas wieder eintauschen werde.“
(Aus meinem ‚Fernöstlichen Tagebuch’ vom 17. bis 30. Mai 2009)

Was es mit den oben erwähnten, vermeintlichen ‚Schrulligkeiten’- wie ich damals schrieb – auf sich hat, werde ich weiterhin in den kommenden SOAN-Ausgaben versuchen zu ergründen. Die Kultur, die ein Volk ausmacht, dient ihrer Identität, ihrem Selbstverständnis und ihrem Umgang in der alltäglichen Auseinandersetzung!

Ein Freund bezeichnete diese SOA-Notizen als ‚Kultur-Postille’. Ich weiß nicht, ob man so weit gehen muss?! Ich schreibe das nieder, was ich erlebe und versuche zu ergründen und zu reflektieren um zu begreifen. Das mir dabei das eine oder andere Mal, offen oder ‚leicht verdeckt’, zynische Bemerkungen unterlaufen, so ist das meiner ‚westlichen’ Art der Betrachtung oder auch der Hilflosigkeit dem Erlebten gegenüber geschuldet. Eines steht aber fest, ich beginne dieses Volk und ihre Kultur ein wenig zu begreifen... und Eins-zu-Eins-Vergleiche verbieten sich sowieso, bei derart verschiedener Historie und Entwicklung der Kulturen!

Wie der Kontrast zu der mir angestammten Kultur in Deutschland bei meinem Besuch vom 7. Juli bis zum 5. August ausgefallen ist, wird erst am 30. August in SOAN 16 zu lesen sein.
In der nächsten Ausgabe (30.07.2015) – die schon ins Vorhinein produziert wurde – werde ich auf weiter auf von mir festgestellte ‚Kulturen’ in diesem Lande eingehen.
Vom 07.07. bis 04.08. bin ich in Deutschland unter der Mobil-Nr.: 0177-1735633 und unter meiner E-Mailadresse
< rielaender_kun@web.de > zu erreichen.

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