HELMUT RIELÄNDER
Malerei, Grafik und Installationen

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Südostasiatische Notizen

Nun konfrontierten sie mich mit etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: sie forderten mich auf, dem Wat beizutreten, Mönch zu werden!
Sehr schnell reagierte ich und antwortete, da ich doch noch nicht den verschiedensten Freuden des Lebens abhold geworden bin, dass ich mir so etwas vor meinem siebzigsten Lebensjahr nicht vorstellen könnte! Sie lächelten vielsagend und nickten.
Nun hatte ich da noch eine Frage und ich stellte sie ebenfalls auf Englisch: „I’m not believing in Phi!“ („Ich glaube nicht an Geister!“)
Wie ‚aus der Pistole geschossen’ antwortete der junge übersetzende Mönch sofort: ‚Then you have to die!“ („Dann musst Du sterben!“)
In dem Augenblick erklang ein Gong, die Mönche wurden zurück in den Sala gerufen, wo die letzte Zeremonie und die Bekanntgabe der Höhe der gesammelten Geldspenden vermeldet werden sollte und ich hatte für Rückfragen keine Gelegenheit mehr.
Mit der Problematik der Endlichkeit meines Daseins setze ich mich seit meiner frühesten Jugend auseinander, noch weitaus vertiefter seit meiner Konfirmation, später im Zusammenhang mit meinem Austritt aus der Kirche und meinem Nichtglauben! Insofern war mir die Aussage des Mönchs durchaus nicht neu!
Aber auf diesen ‚radikalen’ Zusammenhang – in dieser vorgetragenen Kürze - aus dem Mund eines buddhistischen Mönchs war ich nicht gefasst.
Aber, so frage ich mich... sowie die Leserschaft dieser SOAN-Seiten, ist der Glaube der Existenz von Geistern (Phi) Grundlage des Buddhismus?
Ich weiß, dass die buddhistische Lehre eine Geisteshaltung und keine Religion ist. Sie kennt keine Dogmen wie die christlichen Religionen oder der Islam. Siddhartha Guatama, wie Buddha vor seiner Erleuchtung mit adligem Namen geheißen hat, war auf seinem langen Weg des Schauens, Begreifens... der Erkenntnis über das Elend in der Welt... bis hin zur Erleuchtung vielen Versuchungen, Verlockungen und ‚Prüfungen’ ausgesetzt. Diese waren ihm häufig auch in der Gestalt von Phi (Geistern) – so sagt es zumindest die Überlieferung – begegnet (siehe auch SOAN 4 vom 30.08.2014).
Diese ‚Begegnungen’ fanden in einer Zeit statt, als Brahmanismus und Animismus vorherrschten (Gedankengut, Riten). Später setzte sich die buddhistische Lehre durch, ohne allerdings brahmanische und animistische Elemente völlig zu verdrängen. Rudimente blieben und in dem in Thailand praktizierten Buddhismus sind es ganze Gedankengebäude, Herleitungen und ‚Erklärungen’, bei denen die Existenz von Geistern eine wesentliche Rolle spielt und selbst von buddhistischen Mönchen vertreten wird.

Rei erzählte mir die Position der Phi-existenz untermauernd, dass ihr vor Jahren, als sie in Khorat in einer Fabrik arbeitete, zwei Mal in ihren Nachtschichtpausen der Geist der zuvor tödlich verunglückten Tochter des Fabrikbesitzers erschienen wäre, im langen weißen Gewande.
Von ihren Kolleginnen wurde sie anschließend beneidet, da diese persönlich noch nie einen Phi gesichtet hatten, immer nur davon gehört und daran geglaubt hatten?!

Nach dem buddhistischen Reinkarnationsglauben trennen sich mit dem ‚fleischlichen’ Tod Geist und Materie – ‚Leib’ und ‚Seele’, würden wir christlich sozialisierten Menschen sagen. Nach dem Tod manifestiert sich ‚die Seele’ erneut in einem anderen Wesen.
In den Fernsehprogrammen der hiesigen TV-Sender (wir können hier in unserem Häuschen in Ban Phue über dreihundert Kanäle empfangen, davon sind 98% fürchterlich!) vergeht kein Abend, dass nicht auf ein, zwei... manchmal auf mehreren Kanälen zur gleichen Zeit Filme – meist Spielfilme aus dem Westen – oder billige Eigenproduktionen laufen, bei denen Geister, Gespenster und ‚Wiedererstandene’, Gegenstand der Handlung sind. Von Zombiefilmen über Dracula bis hin zu Exorzismen... oder auch in Thai-Soaps, zur ‚Familien-Fernsehzeit’ (am frühen Abend): eine Phi-melange, die die Existenz von Geistern immer wieder untermauert! Diese Sendungen werden von allen gerne gesehen, auch von Mönchen??!.... immer begleitet von einem leichten Schauer über dem Rücken?! (Rei standen bei ihrer Erzählung der zwei Phi-Begegnungen die kleinen Härchen an den Unterarmen ‚zu Berge’.)

Zurück zum Wat Pa Ban Poon: die Mönche nahmen wieder ihre Plätze auf ihrem erhöhten Podest ein und die Summe der tham buun-Spenden für den im Rohbau befindlichen Chedi wurde feierlich bekannt gegeben.

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Beendet wurde das Fest mit dem immer wieder zelebrierten Wechselgesang der Mönche und der antwortenden Gemeinde.

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